Ausfuhrkontrolle in Großbritannien - Teil 2
(S,P) Zum Anlass des AWA Aussenwirtschaftsupdates 2022, veröffentlichen wir einen 2-Teiler zu Ausfuhrkontrollen in Großbritannien. Wie den Umgang mit Dual-Use und Rüstungsgütern ins VK richtig organisieren?
Teil 2: Wie ist die Ausfuhrkontrolle im VK organisiert? Welche Änderungen gibt es?

Exportkontrollen im Vereinigten Königreich
Das Vereinigte Königreich unterhält, nun ein eigenständiges Ausfuhrkontrollregime für Rüstungsgüter, Güter mit doppeltem Verwendungszweck und andere sensible Güter und Technologien. Das VK verfolgt dabei ein doppeltes Ziel: die globale Sicherheit zu fördern und gleichzeitig verantwortungsbewusste und legitime Exporte zu erleichtern.
Mit einem strengen Lizenzsystem kann das Vereinigte Königreich nun endlich selber entscheiden, wer Zugang zu deren sensiblen Waren, Technologien und Fähigkeiten hat und wer nicht. Welch Erfolg!
Darüber hinaus zielen die Exportkontrollen des VK auch darauf ab, die Verwendung strategischer Güter für interne Repression oder bei Verstößen gegen globale Menschenrechtsgesetze zu verhindern. Das Vereinigte Königreich setzt somit auch ohne die EU ihre internationalen rechtlichen Verpflichtungen um.
UK Export Controls sind gut für den Handel
Exportkontrollen unterstützen auch die britische Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie. Der legitime weltweite Handel mit militärischer Ausrüstung und Technologie sowie mit Gütern mit doppeltem Verwendungszweck ermöglicht es,
- Bürger zu schützen,
-Gefahren von Terroristen, Kriminellen und äußeren Bedrohungen abzuwehren
Exportkontrollgesetze in Großbritannien
Seit EU-Austritt ist die ehemalige EU-Dual-Use-VO 428/2009 als nunmehr britisches Gesetz, dem sogenannten „retained law“ übernommen wurden. Paradoxerweise gilt also diese veraltete EU-Gesetz in Teilen nun gerade einzig und allein in Großbritannien. Alle Änderungen der 2021/821 Dual-Use VO gelten dort nicht (aber sehr wohl in Nordirland).
Die momentan geltenden Exportkontrollgesetze im Überblick:
- Export Control Order 2008 (as amended)
- Export of Radioactive Sources (Control) Order 2006
- Statutory instrument + Explanatory memorandum: The Export Control (Amendment) (EU Exit) Regulations 2019
- Die strategischen Exportkontrolllisten des Vereinigten Königreichs bilden nun die Grundlage für die Feststellung, ob Produkte, Software oder Technologien, „kontrolliert“ sind und daher eine Genehmigung erfordern.
VK Kontrolllisten
Die britische Version der Dual Use Liste ist ein Sammelsurium verschiedener Verordnungen aus dem VK und der EU:
The Export Control Order 2008 (ECO 2008)
SI 2008/3231, as amended o Schedule 2, last amended by SI 2019/137 [UK Military List]
Articles 4A and 42S [UK Security and Human Rights List]
Schedule 3, last amended by SI 2019/137 [UK Dual-use Control List]
Annex I of Regulation 2 No. 258/2012 [Non-military Firearm List]
Annexes II, III & IV of Regulation2 No. 125/2019 [Human Rights List]
The Export of Radioactive Sources (Control) Order 2006
S.I. 2006/1846 o Schedule. [UK Radioactive Sources List]
Annexes I and IV of Regulation 2 No. 428/2009, last amended by Regulation (EU) No. 1749/2020 and SI 2019/771 (retained Regulation only) [Dual-use List]
Sie kann eingesehen werden:
Lizenzarten
Es gibt drei Arten von Ausfuhrlizenzen:
OGEL – Open General Export Licence = Allgemeine Genehmigung
SIEL – Single Individual Export Licence = Einzelgenehmigungen
OIEL – Open Individual Export Licence = Sammelgenehmigungen
Die Regeln der OGELs entsprechen unserer Regelungen.
Alle OGEL-Inhaber müssen:
alle angegebenen Bedingungen der Lizenz erfüllen
Aufzeichnungen gemäß den Anforderungen der Lizenz führen
SPIRE Jahresberichte über Ihre Nutzung der OGEL abgeben
Die SPIRE-Referenz in allen Versanddokumenten angeben
SPIRE ist das veraltete Antragsportal. Wie auch beim ELAN-2K gibt es dort:
Genehmigungen
Auskünfte zur Güterliste
Nullbescheide
Genehmigungen für Handels- und Vermittlungsgeschäfte und Durchfuhr
EU OGEL
Seit 2021 gibt es auch für britische Exporteure eine allgemeine Ausfuhrgenehmigung für Artikeln mit doppeltem Verwendungszweck, nun aber in Richtung EU.
Neue Gefahren
Am 8. Dezember 2021 hat das Vereinigte Königreich ein Maßnahmenpaket zur Aktualisierung des britischen Exportkontrollregimes vorgelegt.
Nach Ansicht der englischen Regierung sind neue Wege der Kriegsführung entstanden und neuartige Sicherheitsbedrohungen bekannt geworden. Da nunmehr innovative Technologien zu einer Gefahr für die Gesellschaft werden können, müssen die britischen Exportkontrollen angepasst werden.
Es wird daher zwei Änderungen geben, die darauf abzielen, die Fähigkeit des Vereinigten Königreichs zu stärken, Exporte zu verhindern, die dazu verwendet werden könnten, Menschenrechtsverletzungen zu begehen oder zu erleichtern.
Militärische Endverwendung – Neu definiert
Zuerst wird die Definition der „militärischen Endverwendung“ erweitert. Bis dahin galt: Die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, die nicht in der Dual-Use Liste aufgeführt waren, war nur genehmigungspflichtig, wenn gegen das Käuferland oder das Bestimmungsland ein Waffenembargo verhängt wurde. Dabei musste gewährleistet sein, dass es sich tatsächlich um eine „militärische Endverwendung“ handelte.
Dabei gab es nur drei Möglichkeiten:
Verwendung der Waren zum Einbau der Waren in militärische Güter, die in der Militärliste aufgeführt sind;
Verwendung der Waren von Herstellungs-, Test- oder Analyseausrüstung sowie Bestandteilen hierfür für die Entwicklung, die Herstellung oder die Wartung von militärischen Gütern, die in der oben genannten Liste aufgeführt sind;
Verwendung von unfertigen Erzeugnissen in einer Anlage für die Herstellung von militärischen Gütern.
Verkannt wurde, dass inzwischen neben dem Militär auch inoffizielle, nichtstaatliche militärisch organisierte Gruppierungen sowie die Polizei oder die Sicherheitskräfte solche Waren nutzen, um Menschenverletzungen zu begehen und die nationale Sicherheit sowie den internationalen Frieden zu bedrohen.
Die neue Gesetzeserweiterung wird es den britischen Behörden zukünftig ermöglichen, von Fall zu Fall zu prüfen und auch bei der Endverwendung durch paramilitärische Gruppen, der Polizei und Sicherheitskräften eine Ausfuhrgenehmigung zu verweigern.
Das überarbeitete Gesätz kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn die Regierung den Exporteur darüber informierte, dass die geplante Ausfuhr für eine solche militärische Endverwendung in einem mit einem Embargo belegten Bestimmungsort bestimmt war oder bestimmt sein könnte. Ausnahmen gibt es für medizinische Versorgung und Ausrüstung, Lebensmittel, Kleidung und andere Konsumgüter.
Zum Zweiten geht es um China. China wird in die Liste der Bestimmungsorte aufgenommen, die diesen neuen militärischen Endverwendungskontrollen unterliegen. Aufgrund von Anomalien und Ungereimtheiten innerhalb des britischen Ausfuhrkontrollregimes unterlag China bis dahin teilweisen britischen und EU-Waffenembargos. Am Ausmaß des teilweisen Waffenembargos gegen China ändert dies jedoch nichts.
Diese Änderungen werden im Frühjahr 2022 durch Sekundärgesetzgebung zur Änderung der Ausfuhrkontrollverordnung 2008 vorgenommen.
Fazit
Bei der britischen Ausfuhrkontrolle handelt es sich um im Grundsatz um die Umsetzung der EU-Verordnung 428/2009, die durch den Brexit in der Zeit „eingefroren“ wurde, ergänzt durch nationale Gesetzgebung. Die Erneuerungen der EU-Dual-Use VO 821-2021 werden aufgrund des Vertrags von Irland/Nordirland nur in Nordirland angewandt. Seit das VK Drittland zur EU ist, muss diese Verordnung jedoch im EU-Gebiet für Ausfuhren von sensiblen Waren in VK angewandt werden. Das heißt, dass, Genehmigungen für die Ausfuhr von Dual Use und Rüstungsgütern auf beiden Seiten beantragt und erteilt werden müssen. Eine EU-AGG und die korrespondierende VK-AGG vereinfachen diese Prozesse erheblich. Nach den einschneidenden Änderungen der Dual-Use VO in der Europäischen Union ändert nun auch das VK ihre Spielregeln. Die Entfremdung der Gesetze schreitet also unaufhaltsam voran. Wer nicht am Ball bleibt und diese Änderungen verfolgt, wird früher oder später wohl das Nachsehen haben.