EU-Handelsregeln aus britischer Sicht
(S,P) Der Handel mit Großbritannien hat deutlich unter den neuen Handelsregeln gelitten.
Vor allem Unternehmen, die bislang nur im Binnenmarkt gehandelt haben, stehen vor großen bürokratischen Hürden. Im Interview berichtet Arne Mielken, Gründer der Zoll- und Schulungsberatung Customs Manager Ltd., von seinen Erfahrungen bei der Beratung von Unternehmen in Großbritannien.

Herr Mielken, Sie beraten britische Unternehmen beim Umgang mit der Bürokratie im Handel mit der EU nach unserem Austritt aus dem Binnenmarkt. Was raten Sie Ihren britischen Kunden?
Die britischen Exporteure sehen sich mit einer Flut neuer Vorschriften konfrontiert, einschließlich der überaus komplexen Ursprungsregeln, der entsprechenden Bürokratie und der gewinnmindernden Zölle auf Waren. Aber es gibt praktische Schritte, die Unternehmer unternehmen können, um sicherzustellen, dass der Handel mit der EU so nahtlos wie möglich verläuft.
Wie sehen diese Schritte aus und welche Vorbereitungen empfehlen Sie?
Wenn ein Unternehmen zum ersten Mal exportiert oder importiert, gibt es einige grundlegende Dinge zu beachten. Zunächst muss sich das Unternehmen registrieren lassen und eine EORI-Unternehmensidentifikationsnummer von der britischen Behörde für Steuern und Zölle HMRC erhalten. Das geht schnell und ist kostenlos. Es müssen aber einige regionale Unterschiede beachtet werden. Für den Handel mit Nordirland benötigt man zum Beispiel eine separate EORI-Nummer und eine andere, wenn in die EU geliefert werden soll.
Wie sieht es auf der Importseite aus?
Wenn Waren importiert werden, sollte ein Stundungskonto eingerichtet werden. Damit können die Abgaben einmal im Monat per Lastschrift gezahlt werden anstatt für jede einzelne Sendungen. Das ist wichtig, denn sonst kann es passieren, dass die Waren im Hafen festsitzen bis die Zahlung erfolgt ist.
Was muss beim Zoll beachtet werden?
Zunächst muss die Zollerklärung korrekt ausgefüllt werden. Dies ist ein wichtiges Dokument für den internationalen Handel, das viele kleine Unternehmen falsch ausfüllen. Es hat satte 54 Felder, aber nur einige müssen ausgefüllt werden, je nachdem, ob Waren importiert, exportiert oder nur durch ein Land transportiert werden.
Dabei muss sichergestellt werden, dass die richtigen Informationen über den Ursprung der Waren und ihren Zollwert angegeben werden – dies kann den zu zahlenden Zollsatz bestimmen. Besonders zu beachten ist Feld 33, in dem die Warennummer eingegeben werden muss. Diese muss sorgfältig ausgewählt werden, damit sie eindeutig zur Ware passt. Dann muss der dazu passende Preis für die Waren angegeben werden, um Steuernachzahlungen zu vermeiden. Wenn die Warennummer falsch ist, muss der Importeur möglicherweise Steuern nachzahlen.
Gibt es weitere Hürden im Außenhandel?
Abhängig von der Art der Waren, die exportiert werden, sind bestimmte Genehmigungen, Zertifikate und Zulassungen erforderlich. Ohne die erforderlichen Dokumente können Sie Ihre Waren möglicherweise nicht in die EU exportieren.
Können Sie dafür Beispiele nennen?
Zum Beispiel sind für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche (SPS) Waren – die tierische und pflanzliche Produkte umfassen – spezielle Dokumente erforderlich. Solche Waren unterliegen strengen Grenzkontrollen, daher müssen sich Importeure in den offiziellen IT-Systemen der EU und Großbritanniens registrieren und die erforderlichen Veterinärdokumente einreichen, um Zugang zu ausländischen Märkten zu erhalten. Andernfalls könnten Ihre SPS-Waren aus gesundheitlichen Gründen zurückgewiesen werden. Weitere Informationen zu den Importanforderungen der EU-Mitgliedstaaten finden Sie in der Datenbank „Access2Markets Database“: https://trade.ec.europa.eu/access-to-markets/en/content
An wen können sich die Unternehmen zur Umsetzung dieser Schritte wenden?
Ein Makler oder Spediteur kann ihnen einen Großteil der schweren Arbeit abnehmen – wie z. B. das Ausfüllen des Zolleintrags bei der HMRC. Wichtig ist die Auswahl des richtigen Maklers. Dabei helfen folgende Fragen:
- Was ist ihre Erfolgsbilanz?
- Werden sie die Zollformalitäten erledigen?
- Geben sie etwas an Subunternehmer weiter?
- Haben sie ihre eigenen Abfertigungseinrichtungen?
- Welche Kreditmöglichkeiten bieten sie an?
- Sind sie als AEO (Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter) zertifiziert?
Außerdem sollte der Makler ausreichend informiert werden und wissen, was er tun soll.
Ein Knackpunkt des Handelsabkommens mit der EU sind die Ursprungsregeln. Worauf muss man achten?
Lassen Sie sich nicht von Behauptungen täuschen, dass wir immer noch zoll- und quotenfreien Handel genießen. Dies hängt davon ab, ob die sogenannten Ursprungsregeln eingehalten werden. Wenn die Waren aus Großbritannien oder der EU stammen und dies nachgewiesen werden kann, dann fallen auch keine zusätzlichen Zollkosten an. Wenn in den waren jedoch ausländische Komponenten verwendet werden – z. B. Metall aus den USA, um ein Autoteil herzustellen – dann müssen die produktspezifischen Regeln überprüft werden, um zu sehen, wie viel Nicht-EU- und Nicht-UK-Inhalt zulässig ist. Die EU hat ein Tool zur Selbsteinschätzung veröffentlicht, das Unternehmen dabei unterstützt: https://trade.ec.europa.eu/access-to-markets/en/content
Britische Regierungsbeamte sollen Unternehmen zur Gründung einer Niederlassung in der EU geraten haben. Ist das ein sinnvoller Weg für kleine Unternehmen?
Wenn alles andere fehlschlägt, sollten auch kleinere Unternehmen eine EU-Niederlassung in Erwägung ziehen. Es gäbe keine Zollformalitäten und Deklarationen, die die Dinge verlangsamen, und man müsste sich nicht um komplexe Ursprungsregeln kümmern. Mit einer Basis in Europa gibt es keine Zollabgaben, keinen Papierkram bei der Grenzabfertigung oder Verzögerungen an den Häfen, über die man sich aufregen muss, und keine Notwendigkeit, sich in verschiedenen Ländern für die Mehrwertsteuer zu registrieren. Der vielleicht größte Vorteil einer EU-Präsenz ist jedoch der direkte Zugang zu mehr als 400 Millionen Verbrauchern und die Aussicht auf mehr Umsatz.
Für einige kleine Unternehmen ist dies jedoch möglicherweise keine praktikable Option, und diese müssen sich mit den komplexen neuen EU-Handelsregelungen auseinandersetzen. Es ist daher ratsam, sich professionell beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass die Geschäfte über den Kanal so nahtlos wie möglich verlaufen.
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Über Arne Mielken und Customs Manager Ltd.
Zoll- und Außenhandelsexperte Arne Mielken ist berät nationale und internationale Mandanten seit mehr als 15 Jahren in Zoll, Handelsabkommen- und Ausfuhrkontrollangelegenheiten und ist ein Spezialist der Ursprungsregeln. Seit 2016 begleitet er britische und europäische Unternehmen bei der Vorbereitung auf den Brexit. Er ist der Geschäftsführer der
„Customs Manager Ltd“, ein neues Zoll- und Handelsberatungsunternehmen.
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Interessenvertretung: Als aktives Mitglied der Trade Contact Group bei der DG-TAXUD, dem britischen Pendant JCCC und als Vorstandsmitglied der UK Export Control Profession verteidigt er auch Ihre Interessen europäischer Unternehmen beim Gesetzgeber.
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Kontakt: info@customsmanager.com
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